Stellungnahme zu den Eckpunkten des Bundesministeriums der Justiz für ein Gesetz gegen digitale Gewalt

Frauenhauskoordinierung (FHK) nimmt Stellung zu den im April 2023 vorgelegten Eckpunkten für ein Gesetz gegen digitale Gewalt und identifiziert insbesondere erhebliche Lücken im Kontext von Partnerschaftsgewalt.

FHK begrüßt, dass ein Gesetz zu digitaler Gewalt entstehen soll, denn der digitale Raum darf nicht als rechtsfrei gehandelt werden. Jedoch blicken wir aus der Perspektive gewaltbetroffener Frauen und ihrer Kinder kritisch auf die vorgelegten Vorschläge – denn für den geschlechtsspezifischen und in einer Partnerschaft bestehenden Gewaltkontext weist das Eckpunktepapier große Lücken auf.

Das Eckpunktepapier bezieht sich primär auf diejenige digitale Gewalt, die als „Hatespeech“ bezeichnet wird[1]. Dabei äußern sich Täter[2] meist anonym. Digitale Gewalt ist jedoch mehr als nur Hatespeech. Sie ist ein stetig wachsendes Instrument der geschlechtsspezifischen (Ex-)Partnerschaftsgewalt. EU-weit haben bereits 2014 18% der über 15-jährigen Frauen schon einmal Stalking[3] erlebt. EU-weit sind das 9 Millionen Frauen. Eine jüngere Studie benennt 25 % betroffene Frauen zwischen 18 und 34 Jahren.[4] Es ist davon auszugehen, dass Frauen deutlich häufiger betroffen sind als Männer.

An welchen Stellen wir entsprechenden Nachbesserungsbedarf identifziert haben und welche Ergänzungen wir als Fachorganisation im Frauengewaltschutz insbesondere mit Blick auf digitale Gewalt im Kontext von (Ex-)Partnerschaften als sinnvoll empfehlen möchten, ist der unten stehenden Stellungnahme zu entnehmen.


 

[1] Hatespeech ist ein Oberbegriff für verbal oder schriftlich geäußerte, gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit. Dazu zählen u. a. Rassismus, Sexismus oder Antisemitismus. Unter Hatespeech fallen Beleidigungen, Aufrufe zur Gewalt, Drohungen und weitere Äußerungen, unabhängig davon, ob diese strafbar sind oder nicht. (https://hateaid.org/hatespeech/)                 

[2] FHK nutzt den Begriff „Täter“ in nicht gegenderter Form, da wir von einer überwiegend männlichen Täterschaft ausgehen

[3] In der entsprechenden Studie wurde zu diesem Begriff neben körperlichem Nachstellen insbesondere nach digitalen Stalking-Formen gefragt: siehe Gewalt gegen Frauen: eine EU-weite Erhebung - Ergebnisse auf einen Blick, Box 3, Seite 28; http://fra.europa.eu/sites/default/files/fra_uploads/fra-2014-vaw-survey-at-a-glance-oct14_de.pdf

[4] Gesellschaft für Freiheitsrechte (2020): Studie zur Verbreitung und Wahrnehmung digitaler Gewalt: https://freiheitsrechte.org/uploads/publications/Demokratie/gesamt-Studie-Digitaler-Gewaltschutz-2021-Gesellschaft-fuer-Freiheitsrechte-marie-Munk-Demokratie.pdf